Kontakt

Dr. Felicitas Pielsticker                           Magnus Reifenrath                               Dr.-Ing. Thomas Reppel

Studienrätin im Hochschuldienst            Wissenschaftlicher Mitarbeiter              Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Didaktik der Mathematik                         Didaktik der Mathematik                        Festkörpermechanik

pielsticker@mathematik.uni-siegen.de  reifenrath@mathematik.uni-siegen.de  thomas.reppel@uni-siegen.de

Ziel & Projektbeschreibung

Immer wieder stoßen Mathematiklehrende, wie auch -Lernende bei Problemlöseprozessen an die Frage „wie kommt man eigentlich darauf?“ oder „woher weiß man, wie angefangen werden muss“. Genau dieser Frage möchten wir in einer Vergleichsstudie mit quantitativem Forschungsdesign nachgehen. Dabei hat eine Untersuchung und Analyse von mathematischen Problemlöseprozessen bereits Tradition und erscheint zentral für mathematikdidaktische Forschung (bspw. Schoenfeld, Polya, Rott, etc.).

Für den Bereich der Graphentheorie (gewöhnlicherweise nicht Teil des Schulcurriculums) werden Schüler*innen verschiedene Zugänge zu mathematischen Problemstellungen kennenlernen, um anschließend ein unbekanntes Problem lösen zu können. Untersucht werden soll dann, welcher Zugang der Vergleichsgruppe am häufigsten zu einer Lösung des Problems geführt hat. Ein Beispiel für die Graphentheorie kann dabei das von Leonhard Euler (1707-1783) gelöste „Königsberger-Brücken-Problem“ sein. Zur Erläuterung: Es wird eine Abbildung eines Stadtplans (z. B. von Königsberg zu Beginn des 18. Jahrhunderts) gezeigt in der ein Fluss eine Insel umfließt, welche durch sieben Brücken mit dem Festland verbunden ist. Die Frage ist nun, ob ein Rundgang durch die Stadt geplant werden kann, bei der jede Brücke nur einmal benutzt wird. Eulers Arbeiten dazu legen den Grundstein eines modernen Zweigs der Mathematik, nämlich der Graphentheorie, welche Basis vieler Algorithmen ist die sich zum Beispiel in Routenplanern befinden.

Durch das Kennenlernen unterschiedlicher Zugänge bietet das Projekt die Möglichkeit die Problemlösekompetenz von Schüler*innen zu erweitern. Weiterhin kann das Gebiet der Graphentheorie als junges mathematisches Forschungsgebiet einen zeitgemäßen Bezug zu Algorithmen (z. B. das Planen von Routen mit Google Maps, Kombinatorik, etc.) bieten.

Aktueller Stand des Projekts

Im Rahmen des Bildungsconnector:Olpe – bc:Olpe – hat vom 2. bis 5. November 2021 nun das Teilprojekt „Wie kommt man darauf?“ – Mathematik als Schule des Problemlösens stattgefunden. Zwei Q2-Kurse des Städtischen Gymnasiums Olpe haben gemeinsam mit Dr. Felicitas Pielsticker, Magnus Reifenrath und Dr. Thomas Reppel der Universität Siegen an Problemstellungen der Graphentheorie gearbeitet.

Dabei wurde nicht irgendeine Problemstellung betrachtet, sondern eine für das mathematische Teilgebiet der Graphentheorie Entscheidende – das Königsberger-Brücken-Problem.

Mit der russischen Stadt Kaliningrad (bis 1945 Königsberg) und dem dortigen Fluss (früher Pregel) verbindet sich ein Rätsel, das den Anlass zur Entstehung eines völlig neuen mathematischen Teilgebietes, der Graphentheorie, lieferte. Die Anfänge des Teilgebiets sind eng mit dem Mathematiker Leonard Euler verbunden. Er nutzte im Jahr 1736 graphentheoretische Konzepte, um sein Ergebnis zum obigen Rätsel zu verdeutlichen. Wir nennen es heute das „Königsberger-Brücken-Problem“.

Das Rätsel: In der alten preußischen Stadt Königsberg wurde die Pregel von sieben Brücken überspannt. Ist es möglich, durch die Stadt zu gehen, dabei jede Brücke genau einmal zu überqueren und zum Ausgangspunkt zurückzukommen?

Es gelang niemanden in Königsberg, solch einen Weg zu finden, aber es wurde immer wieder probiert. Auch Leonhard Euler versuchte sich 1736 an diesem Problem… Die Ideen, die Euler zur Lösung dieses Problems entwickelte, gaben den Anstoß zur Entstehung einer ganz neuen mathematischen Disziplin, der Graphentheorie. Damit ist die Graphentheorie eine noch recht junge Wissenschaft, die Einfluss auf verschiedene Teilgebiete entwickelt hat. Z. B. kommen Erkenntnisse der Graphentheorie in der Informatik zum Tragen und finden Anwendung für Navigationssysteme (z. B. auch Google Maps) und Wegeprobleme.

Auch die Schüler*innen der Q2 des SGO arbeiteten mit den Definitionen der Graphentheorie, um schließlich nicht nur das Rätsel um das Königsberger-Brücken-Problem zu lösen, sondern mit dem „Haus des Nikolaus“ zurück in die Kindheit zu schauen. „Wie jetzt, verrückt, dass da nun ein anderer Weg am schnellsten ist, als ich zuerst gedacht habe“, sagt die 17-Jährige Frauke erstaunt, nachdem sie ihr Ergebnis mithilfe des Dijkstra-Algorithmus nachvollzieht. Jan (18-jähriger Schüler der Q2) hält verwundert fest: „Wenn mir heute Morgen jemand gesagt hätte, dass ich 2h an dem ‚Haus des Nikolaus‘ verzweifle, hätte ich denjenigen für verrückt erklärt“.

In diesem Moment freut sich Laura (18-jährige Schülerin der Q2), bereits ein Ergebnis entwickelt zu haben und weiß, dass ein Eulerweg in der Graphentheorie die Bezeichnung für eine Kantenfolge eines Graphen ist, bei der jede Kante genau einmal durchlaufen wird. Dabei sind der Start- und Endknoten nicht identisch. „Ja ist doch ganz klar, ein Graph, der genau 2 Knoten mit ungeraden Knotengrad hat und in einem Zug gezeichnet werden kann, ist ein Eulerweg.

Das Haus vom Nikolaus hat zwei Knoten mit ungeradem Knotengrad, also hier eine drei und da drei, daher Eulerweg“ sagt Laura. Spannend wurde es dann, als es um Graphen ging, wo eine „Rundreise“ gefunden werden sollte oder sogar selbst Graphen entwickelt werden durften, die bestimmte Kriterien erfüllen sollten – z. B. einen Graphen mit Hamilton-Pfad.

Mathematische Regeln für Eulerweg, Eulerkreis oder Hamiltonpfad festzuhalten, war dabei gar nicht leicht. Unterschiedliche Zugänge zur Problemlösung konnten gefunden werden. Dabei wurden teilweise auch neue und weitergehende Fragen entwickelt, denen die Schüler*innen nachgehen konnten. Die Hauptfrage „Wie kommt man eigentlich darauf?“ und das auch noch in einem mathematischen Gebiet, welches nicht Teil des Curriculums und Schulstoffes ist, konnten die Schüler*innen nach dem Projekt eigenständig beantworten und dabei ihre Problemlösekompetenz reflektieren und erweitern. Die Aushandlungsprozesse und Diskussionen wurden auch nach dem Projekt in der Pausenhalle weitergeführt. „Dieses Problem stelle ich heute Nachmittag meinem Bruder vor“ sagt Laura und verlässt den Klassenraum.